Interview mit Elke Meyer 

Elke Meyer arbeitet seit 1975 in unserem Ingenieurbüro. Für alle, die jetzt anfangen zu rechnen, ja, das sind 50 Jahre. Mit 18 Jahren startete sie als Konstrukteurin in den Büroräumen in drei alten Villen im Zooviertel von Hannover. Fünf Jahrzehnte zwischen Transparentpapier und Plotter, zwischen Handzeichnung und CAD, zwischen kleinem, familiärem Büro und einem Unternehmen mit weit über 230 Mitarbeitenden. Wie schafft man das?

Wie hast du die Zeit bei GRBV insgesamt erlebt?

Ich habe die Zeit ehrlich gesagt „wie im Flug“ erlebt. Als ich angefangen habe, saß ich mit deutlich älteren Kolleginnen und Kollegen zusammen, viele waren da schon über zwanzig Jahre im Büro. Ich dachte damals: So lange wirst du das nie schaffen. Und dann vergingen die Jahre – und plötzlich sind es fünfzig.

Wir haben harte Phasen erlebt: 1975 war die Baubranche am Boden, später gab es weitere Dellen, nach der Expo 2000 zum Beispiel. Wir haben zusammengehalten, Kurzarbeit gemacht, teilweise auf Gehalt verzichtet, aber den Stamm gehalten.

Gleichzeitig hat GRBV viel Vertrauen gezeigt: Es gab schon 1975 fünf Wochen Urlaub, und wer zwischen Oktober und März frei nahm, bekam einen Tag extra. Das schuf Loyalität. Ich hätte nie gedacht, dass ich so lange bleibe – und doch passte es menschlich und fachlich immer wieder.

Welche Momente und Projekte sind dir besonders im Kopf geblieben?

Am Anfang war alles Handarbeit: Bewehrungs- und Schalpläne, Schablonenschrift, Tusche, Korrekturklinge. Ich habe zwischendurch auch im Sekretariat ausgeholfen und Prüfberichte für Einfamilienhäuser geschrieben – man war sich für nichts zu schade.

Spannend waren die Bestandsaufnahmen vor dem U-Bahnbau in Hannover, auch die Lärmschutzwände rund um die Bahn habe ich begleitet. 1983 kam mein erstes richtig großes Projekt: das Arbeitsamt Hannover – komplett per Hand gezeichnet, mit einem kleinen Team und enormer Sorgfalt.

Später folgten Verwaltungsbauten, große Betriebsanlagen in Berlin, viele Krankenhäuser nach der Wende, etwa in Kyritz und Bad Doberan. Mein Lieblingsprojekt bleibt die Landeszentralbank in Oldenburg: vier Grundrisse, Treppenhäuser, Details. Bei einer 24-Stunden-Woche ging das nur im engen Schulterschluss mit einem Kollegen, mit dem ich 35 Jahre zuverlässig Hand-in-Hand gearbeitet habe.

Zuletzt hat mich das neue Verwaltungsgebäude von Enercity am Ihme-Zentrum sehr gefordert: Atrium, Treppen, Aussparungen – hoher Termindruck, aber am Ende passte alles.

Vom Reissbrett zu CAD – wie hast du die Umstellung erlebt?

Das war eine totale Umstellung. Mitte der 90er kam der erste Rechner und Plotter, dann Glaser-CAD. Die Firma hat den Kurs bezahlt, gelernt haben wir abends in unserer Freizeit – jede Woche von sechs bis acht. Mit dem Computer ließ sich vieles schneller korrigieren und effizienter planen; große Schalplan-Pakete brauchten weniger Leute. Gleichzeitig vermisse ich manchmal das Handwerkliche: Früher steckten in den Statiken Skizzen – Lager, Bewehrung, Überbau –, heute entsteht manches nur noch durch den Rechner. Das Verständnis für das „Warum“ geht dann schnell verloren. Den Wechsel ins vollumfängliche 3D (Allplan) habe ich bewusst nicht mehr gemacht: Für meine Rolle hier rechnete sich das nicht mehr. Ich zeichne bis heute zweidimensional mit Glaser – und wenn das eines Tages nicht mehr da ist, dann ist für mich Schluss.

Wie hat sich GRBV als Unternehmen und Arbeitgeber verändert – in Größe, Kultur und Führung?

GRBV ist deutlich gewachsen: Als ich angefangen habe, waren wir rund 15 Personen; zwischenzeitlich 25 – damals mit acht Chefs –, und in den letzten Jahren sind es sehr viel mehr geworden.

Früher war es familiärer; ich kannte lange Zeit alle Kolleginnen und Kollegen mit Namen. Das geht heute nicht mehr, das Klima wird zwangsläufig unpersönlicher – Tribut der Größe.

Geblieben ist aber der menschliche Umgang. Ich habe viele junge, sehr nette Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich gern zusammenarbeite; ohne diesen Zusammenhalt wäre ich wohl nicht mehr hier.

Auch die Geschäftsleitungen über die Jahre waren fair und großzügig: flexible Lösungen in Kurzarbeitszeiten, Vertrauen, als meine Kinder klein waren (24-Stunden-Woche), und pragmatische Wege, wenn Homeoffice anfangs ausnahmsweise nötig war. Es war immer ein Geben und Nehmen.

Welchen Einfluss hatte das Arbeiten hier auf dein Leben?

Ich bin sehr praktisch gestartet. Mit 16 hat man mich erst einmal auf die Baustelle geschickt, bevor das Praktikum begann: Steine mauern, Eisen binden – damit ich später weiß, was ich da zeichne.

Dieses Grundhandwerk prägt mich bis heute. Außerdem ist meine Arbeit auch ein bisschen mein Hobby, das ist das große Problem. Da muss ich irgendwann den Absprung finden. Ich bekomme inzwischen Rente und bin weiter angestellt; ich mache das, solange es gut ist – und solange ich in 2D mit Glaser arbeiten kann.

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass das zwischenmenschliche Vertrauen im Team nicht verloren geht – und auch nicht die „Skizze und das Verstehen hinter den Zahlen“. 50 Jahre sind im Rückblick wirklich erstaunlich kurz.

Liebe Elke,  ganz herzlichen Dank für die vielen Einblicke in deinen persönlichen Werdegang und die jahrzehntelange Treue. Wir freuen uns, dass Du immer noch dabei bist.

© Foto: Philipp Zintarra

 

Veröffentlicht am: 2. September 2025Kategorien: Interviews

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