Beschilderung als Element der Verkehrsplanung ist bei vielen Bauvorhaben ein zentraler Bestandteil unserer Planungsleistungen.
Auch in Zeiten von modernen Navigationssystemen sind Wegweiser im öffentlichen Raum unverzichtbar. Jede und jeder, der schon mal blind seinem Routenplaner gefolgt ist und in einer Baustelle oder im Niemandsland gelandet ist, betrachtet wegweisende Verkehrsschilder sicher mit neuer Demut vor dem vermeintlich unmodernen Kommunikationsmittel. Sie weisen zuverlässig den Weg – auch ohne Strom und technische Geräte.
ABER WIE KOMMT DIESES SYSTEM AUS KLEINBESCHILDERUNG UND WEGWEISERN EIGENTLICH ZUSTANDE?
Verkehrsplanende unterscheiden zwischen Kleinbeschilderung und Wegweisung. Unter Kleinbeschilderung versammeln sich u. a. alle Hinweisschilder, die die erlaubte Höchstgeschwindigkeit regeln, Hinweise auf Rad- oder Fußwege, Vorfahrts-, Sackgassen- oder Parkverbotsschilder. Kleinbeschilderung ist in der Regel relativ eindeutig und wird letztendlich von der Verkehrsbehörde angeordnet.
Das Planen der Wegweisung ist weitaus komplexer. Hier treffen klare rechtliche Richtlinien und Vorschriften mit den Wünschen von Städten und Kommunen zusammen. Deshalb kann der Prozess von der Grundlagenermittlung bis zum Aufstellen der Schilder viele Monate und manchmal auch mehrere Jahre dauern.
In der Regel beginnt alles mit dem Erfassen des Bestands vor Ort. Wir fotografieren Knotenpunkte, Kreuzungen und Straßenverläufe, werten Luftbilder aus und verschaffen uns auf diese Weise einen Überblick über vorhandene Beschilderung und die Umgebung. Bei großen Vorhaben wie der Ortsumgehung Wunstorf ist dieser Schritt – das Erfassen von 35 Knotenpunkten – im Umfeld der geplanten Maßnahme besonders aufwendig. Im nächsten Schritt stimmen wir uns mit den zuständigen Behörden ab.
Neben den Straßenbaulastträgern
- Die Autobahn GmbH des Bundes (bei Autobahnen)
- Straßenbauverwaltungen der Länder (bei Bundes- und Landstraßen)
- Landkreise (bei Kreisstraßen)
- Kommunen (bei Gemeindestraßen)
werden die zuständigen Verkehrsbehörden sowie die Polizei beteiligt.
WAS KOMMT DRAUF AUFS SCHILD?
Auf den wegweisenden Schildern müssen alle Zielangaben abgestimmt werden. Fern- und Nahziele für Bundesfernstraßen (Autobahnen und Bundesstraßen) sind in Zielverzeichnissen geregelt. Diese sind unverhandelbar. Wichtig ist, dass sich eine Kontinuität der benannten Ziele durch die aufeinanderfolgenden Schilder zieht. Ein an einem Knotenpunkt angegebenes Ziel muss auch an den nachfolgenden Knotenpunkten bis zum Erreichen des Ziels genannt werden. Alles andere würde Auto- und Radfahrende verwirren. Schriftarten und -größen, Abstände, Reihenfolge der Informationen, Farben – das alles regeln die Vorgaben der Richtlinien für die wegweisende Beschilderung außerhalb von Autobahnen (RWB) und der Richtlinien für die wegweisende Beschilderung auf Autobahnen (RWBA). Sie regeln auch die Abstände der einzelnen Schilder untereinander und was beim Aufstellen hinsichtlich Platzierung und Sichtbarkeit zu berücksichtigen ist.
Geregelt ist auch, wie viele Ziele überhaupt auf einem Wegweiser angegeben werden dürfen. Das Schild muss im Vorbeifahren lesbar bleiben für Autofahrende. Deshalb ist das Koordinieren der von den Beteiligten gewünschten Zielangaben ein großer Teil des Planens. Wer bekommt sein „Schwimmbad“ aufs Schild und wer sein „Gewerbegebiet“. Umleitungen für bspw. Gefahrguttransporte müssen ebenso einen Platz finden. Und dann gilt es natürlich auch Absprachen zu treffen für wegweisende Schilder, die abweichend von den Richtlinien platziert werden müssen.
UND WIE KOMMT DIE INFORMATION AUF DIE STRASSE
Wenn die Inhalte der Schilder abgestimmt sind, hilft die Software weiter. Wir arbeiten mit „Projektierung Verkehrstechnik“ EDV Dr. Haller, einer Software, die u.a. auch von vielen Straßenbaulastträgern verwendet wird. Sie wird gefüttert mit den Inhalten, Standorterfordernissen und Art der Beschilderung. Sie unterstützt dabei, Schildgrößen zu optimieren, das Layout regelkonform zu erstellen, Schildzeichnungen für die Ausführung anzufertigen und eine Vorstatik zu errechnen.
Für jeden Wegweiser ist eine Aufstellvorrichtung in der Regel auf einem Fundament notwendig. Unter Berücksichtigung zahlreicher Faktoren wird aus der Vielzahl in Frage kommender Aufstellvorrichtungen eine geeignete gewählt, die dann mit einer Vorstatik nachzuweisen ist. Wegweiser sind aufgrund ihrer Größe u.a. erheblichen Windlasten ausgesetzt. Wegweiser an Autobahnen können bis zu 7-8 Meter hoch werden. Die Fundamente sind entsprechend dimensioniert – teilweise mehrere Meter lang und breit, auch wenn sie unterirdisch nicht sichtbar sind.
Beim Erstellen der Vorstatik wird auch das vorhandene oder geplante Gelände modelliert – etwa Gräben oder Wasserläufe. Das beeinflusst die Position der Fundamente, um Wasserabfluss oder andere Umweltfaktoren nicht zu beeinträchtigen, wirkt sich aber auch auf die erforderliche Größe des Fundamentes aus.
Wegweiser an Verkehrszeichenbrücken („Überkopfbeschilderung), bspw. bei Autobahnen, sind bereits frühzeitig in der Entwurfsplanung zu berücksichtigen, da die notwendigen großen Fundamentsockel u.a. die Lage von Entwässerungsrohrleitungen und Schächte beeinflussen können.
SICHTBARKEIT UND LESBARKEIT IM AUGE BEHALTEN
Beim Platzieren von Wegweisern ist es essenziell, freie Sicht und gute Lesbarkeit sicherzustellen. Bäume oder andere Hindernisse können die Sicht im Sommer beeinträchtigen. Es ist frustrierend, wenn teure Schilder aufgrund schlechter Positionierung kaum sichtbar sind. Daher prüfen wir sorgfältig, ob die Sicht auf die Schilder frei bleibt – auch bei wechselnden Jahreszeiten.
DIE LETZTEN METER ZUM SCHILD
Jetzt entscheidet die zuständige Verkehrsbehörde, ob sie den Plan und die einzelnen Schilder frei gibt. Ohne Anordnung der Verkehrsbehörde darf kein Schild aufgestellt, keine Markierung der Fahrbahn vorgenommen werden.
FAZIT
Das Planen der wegweisenden Beschilderung ist hochkomplex mit vielfältigen technischen, rechtlichen und organisatorischen Randbedingungen. Vom ersten Erfassen des Bestands über monatelange Abstimmungsrunden bis zum Planen der technischen Details und dem Berechnen der Vorstatik – jeder Wegweiser fordert umfangreiche Fachkenntnisse, Koordination und Lösungswillen aller am Prozess Beteiligten.